Der Beginn des 21. Jahrhunderts hat die Sehnsucht aller Menschen und Völker nach dem Anbruch einer neuen Ära des Friedens und des Wohlstands genährt.
Doch diese Ideale scheinen durch einen wachsenden internationalen Terrorismus und ethnische Zusammenstöße ein unerfüllter Traum zu bleiben. Die Gesellschaften auf der ganzen Welt leiden weiterhin unter schweren Problemen wie Hunger und Armut, korrupter Führung, rassischer und religiöser Intoleranz, Gewalt, AIDS, Drogen- und Alkoholmissbrauch und die Zerstörung der Umwelt. Zweifellos kann von einer tiefen Krise der Jugend und der Familie gesprochen werden. Egoistischer Individualismus, moralischer Relativismus, Korruption, Gewalt und Drogenmissbrauch, sexuelle Promiskuität, Scheidung und abwesende Eltern, fördern den Zerfall der Familie.
Die Folgen des Familienzerfalls zeigen sich in den ständig steigenden Zahlen für psychische Störungen. Schon bei Kleinkindern zeigen sich psychische Störungen, Leistungsabfall, Essstörungen und bei Jugendlichen, Drogensucht, Gewalttätigkeit und Kriminalität. Die „Kinder und Jugendgesundheitsstudie“ des Robert-Koch-Instituts untersuchte „Psychische Auffälligkeiten und psychosoziale Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen“. Bei zwanzig Prozent der bis 17-jährigen liegen psychische Auffälligkeiten, insbesondere emotionale und Verhaltensprobleme vor. Unter den untersuchten Risikofaktoren erweist sich vor allem ein ungünstiges Familienklima als bedeutsam.
Die dramatischen Entwicklungen in Wissenschaft und Technik im 20. Jahrhundert und der damit einhergehende materielle Wohlstand konnten zwar einige Probleme lösen, können aber das persönliche, familiäre und kollektive Wohlbefinden nicht gewährleisten. Die Entwicklung des Transport- und des Kommunikationswesens ermöglichen es uns, so leicht miteinander zu interagieren wie niemals zuvor. Diese äußeren Entwicklungen tragen aber nur wenig zu einer besseren zwischenmenschlichen Verständigung bei. Im Gegenteil, sie machen die tiefen, inneren und zwischenmenschlichen Probleme oft erst sichtbar.
Solange wir Menschen es nicht schaffen, friedvolle, auf gegenseitigem Verständnis beruhende Beziehungen zu schaffen, wird es niemals eine Basis für dauerhaften Frieden und Wohlstand geben. Das rasante Tempo des Wandels in der heutigen Welt hat uralte Traditionen zerrüttet, alte Traditionen unterbrochen und Kulturen weltweit verändert.
Der anerkannte Entwicklungspsychologe und Bindungsforscher Gordon Neufeld schreibt: „Die großen Kulturen im kontinentalen Europa und in Asien werden nicht durch die billige, banale und ausbeuterische amerikanische Pop-Kultur als solche bedroht, sondern vielmehr durch die Tatsache, dass die aktiven Primärbeziehungen der Kinder zu den Erwachsenen verloren gehen.
Der britische Historiker Arnold Toynbee schrieb in „Zivilisation auf dem Prüfstand“: „Je größer unsere materielle Macht, desto größer unser Bedarf an spiritueller Einsicht und Tugend, um unsere Macht für das Gute und nicht das Böse einzusetzen… Wir waren geistig niemals reif genug, um mit unserer materiellen Macht umzugehen; und heute ist die moralische Kluft größer als jemals in einem Zeitalter zuvor.“
Um das spirituelle und moralische Vakuum zu füllen, ist eine neue, auf universellen Werten basierende Lebensauffassung erforderlich, die das Beste aus den religiösen und kulturellen Traditionen, traditionellen und zeitgenössischen, sowie östlichen und westlichen Werten vereint. Eine solche Weltanschauung kann dazu beitragen, die Grundlage für gesunde Individuen, starke Familien und stabile Gemeinschaften zu schaffen, die sich miteinander verbinden können, um Nationen und ein internationales Netzwerk des Friedens zu schaffen.
Was ist die Grundlage für solche universellen Werte? Für den Gründer der Familienföderation, Reverend Sun Myung Moon ist es die wahre Liebe. Wahre Liebe manifestiert sich, wenn wir zum Wohle anderer leben, wenn wir geben, ohne auf persönliche Belohnung zu achten, wenn wir uns für die opfern, die uns wichtig sind, und uns auch für diejenigen investieren, die wir nicht mögen. Eine solche Liebe ist die Quelle des Sinns und die Grundlage für Glück, Wohlstand, sowie für die Verbundenheit mit anderen Menschen und mit der Erde.
Wir können sagen, der Kern des menschlichen Problems ist das menschliche Herz.
Das Fundament für dauerhaften Frieden und Wohlstand sind zweifellos charakterstarke, stabile und gesunde Familien. Das menschliche Herz entwickelt sich am besten im Kontext einer stabilen Familie. Die Familie wird daher auch „Schule der Liebe und des Herzens“ genannt. Eine gute Gesellschaft kann nur gebildet werden, indem Individuen mit gutem Charakter erzogen werden. Die Erziehung des Herzens findet zuerst in der Familie statt. Familiäre Instabilität und der Zerfall der Familie haben daher nicht nur direkte Auswirkungen auf das Individuum, sondern auf die gesamte Gesellschaft.
Persönliche Reife – die Grundlage für eine stabile, gesunde Familie
Der persönliche Charakter bildet die Grundlage für alles, was wir im Leben tun. Um die Notwendigkeit der Charaktererziehung zu verstehen, müssen wir uns die Natur eines menschlichen Wesens anschauen.
Ein menschliches Wesen hat zwei fundamentale Aspekte. Natürlich haben wir alle einen Körper, aber da ist noch etwas mehr. Wir erkennen eine nichtkörperliche Dimension, egal ob wir sie Gemüt, Geist oder Charakter nennen.
Diese beiden Dimensionen des Menschen veranlassen uns, zwei zusammengehörende Arten von Werten zu suchen. Zuerst, ausgerichtet auf unseren Körper, haben wir materielle Wünsche und Bedürfnisse. Die Wünsche für Essen, Gesundheit und einen angenehmen Platz zum Leben, sind einige unserer grundsätzlichsten materiellen Bedürfnisse. Zusätzlich streben wir nach Wohlstand um noch mehr physische Annehmlichkeiten zu erwerben und um fähig zu sein, bestimmen zu können, wie wir unser Leben führen wollen.
Auf der anderen Seite sucht unser Geist, ausgerichtet auf unser Gewissen, moralische und spirituelle Werte wie Wahrheit, Schönheit, das Gute und wahre Liebe. Das Finden oder die Verwirklichung dieser Werte führt zu innerer Erfüllung.
Den Fehler, den viele Menschen begehen, ist zu glauben, dass das Erreichen von materiellen Werten allein zu innerer Zufriedenheit führt. Diese Art von Erfüllung stellt sich als flüchtig und unbefriedigend heraus, weil wir die geistige Dimension unseres Daseins nicht vernachlässigen können.
Die Erziehung muss beide Dimensionen eines Menschen beachten. Nur so weisen wir unserer Jugend den Weg zu einem wahren und dauerhaften Glück.
Zwei Aspekte der Erziehung können daraus geschlossen werden. Eine moralische und ethische Erziehung ist erforderlich, um Menschen zu helfen, solche geistigen Werte wie dem Wahren, Schönen, Guten und der Liebe zu verwirklichen und dadurch die Grundlage für einen guten Charakter zu schaffen.
Was man als konventionelle Bildung bezeichnen kann – akademische Bildung, technische und berufliche Ausbildung, künstlerisches und physisches Training – ermöglicht es den Menschen, besser solche praktischen Ziele wie die Entwicklung einer Karriere und das Erreichen von Wohlstand, ein angenehmes Leben, gute Gesundheit und einen sozialen Status zu erlangen.
Von den beiden Dimensionen der Bildung ist die moralische und ethische Erziehung bei weitem die wichtigste. Die beiden Bereiche sollen einen Bezug zueinander haben wie Geist und Körper. So wie unser Geist unseren Körper führen und kontrollieren sollte, so sollten auch Moral und Ethik den Gebrauch unseres praktischen Wissens, von Fertigkeiten und Aktivitäten führen und kontrollieren. Wenn dies nicht der Fall ist, werden wir als Individuen unreif und selbstsüchtig sein, und als Gesellschaft werden wir unser Wissen und unsere Technologie für selbstbezogene Zwecke missbrauchen.
Natürlich war die Erziehung immer darauf bedacht, das Wissen von einer Generation zur nächsten weiterzugeben und schließlich Menschen auszubilden, die fähig waren, neue Horizonte in ihren jeweils gewählten Disziplinen zu entwickeln. Wir wollen, dass unsere jungen Leute das gesamte Wissen der Menschheit erben. Wir wollen auch, dass sie die höchsten Werte unserer Kultur ererben. So hat die traditionelle Erziehung danach getrachtet, die Studenten moralische Normen und gesellschaftliche Verantwortungen zu lehren und die junge Generation vorzubereiten, gute und verantwortungsvolle Bürger und Leiter ihrer Gesellschaft zu werden. Wir können sehen, dass die Erziehung stets um beide – die intellektuelle und moralische Entwicklung – der jungen Leute bemüht war.
Die Ziele in der Erziehung
In diesem letzten Abschnitt werden wir uns damit befassen, wie wir ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den beiden Aspekten der Erziehung – der Charakterbildung und der Karriereausbildung – schaffen können: Wie wir bereits vorgeschlagen haben, sollten sie miteinander in Beziehung stehen wie Geist und Körper, wobei Werte den Handlungen die Richtung geben sollen. Wir wollen die Bestandteile eines wirklich ausgewogenen Bildungsschwerpunktes detaillierter betrachten, wobei der Entwicklung der gesamten Person geistig und physisch, mental und emotional, moralisch und intellektuell Rechnung geragen wird. Es ist wichtig, zu verstehen, dass dieses Erziehungskonzept nicht auf die formale Anleitung für die institutionalisierte Bildung begrenzt ist. Die Erziehung, insbesondere die Charakterbildung beginnt in den allerersten Jahren und geht unser gesamtes Leben lang weiter.
Das formale Erziehungssystem sollte das lebenslange Lernen, das in der Umgebung der Familie stattfindet, respektieren und damit in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Zweifellos besteht das Ziel der Erziehung darin, anständige, kompetente Menschen hervorzubringen, die sich selbst und anderen Nutzen bringen können.
Wir können die Erziehungsziele in drei Hauptaspekte teilen:
- Der individuelle Aspekt – die Entwicklung eines reifen Charakters
- Der soziale Aspekt – das Erlernen von ethischen und liebenden Beziehungen mit anderen, beginnend in der Familie
- Der berufliche Aspekt – die Entwicklung von Fertigkeiten und Fähigkeiten, um ein wirklich guter Bürger zu werden
- Ein reifer Charakter
Wir beginnen mit dem ersten dieser Ziele: ein reifer Charakter. Ein reifer Charakter könnte als innere Anlage zum richtigen Verhalten definiert werden. Er ist unsere Sammlung von Einstellungen und Gewohnheiten, die uns zu moralischen Handlungen befähigen und unterstützen. Jede Aufgabe und jede Leistung tragen den Stempel unseres Charakters. Darüber hinaus, wie wir sehen werden, ist das Resultat eines guten Charakters die Fähigkeit, andere wirklich lieben zu können und ein besserer Bürger zu werden. Ein guter Charakter ist somit die Grundlage für alle menschlichen Bemühungen.
Verschiedene Persönlichkeiten vereinigt im Charakter
Es gibt eine moralisch wichtige Unterscheidung zwischen Persönlichkeit und Charakter. Jede Person ist ein einzigartiges Individuum, in Bezug auf die Persönlichkeit. Die Persönlichkeit unterscheidet sich von Person zu Person, wie Talente und allgemeinen Fähigkeiten.
Ein bestimmter Charakterzug kann auf der anderen Seite bei vielen Menschen gefunden werden. Der Charakter wird durch gelebte Tugenden geschaffen, die universal sind.
Wenn wir sagen, dass eine Person einen guten Charakter hat, meinen wir gewöhnlich damit, dass sie ein gutes Herz hat.
Die tiefste Motivation für jedes moralische Streben stammt aus dem Herzen. Vor allem ist das Herz die Quelle für den fundamentalen Impuls der Verbundenheit. Es motiviert eine Person, sich nach der Freude zu sehnen, die entsteht wenn man liebt und geliebt wird, nach Erfüllung zu streben, indem man andere wertschätzt und selbst wertgeschätzt wird. Liebe und Verbundenheit beschreiben ein menschliches Bedürfnis, das nicht weniger stark ist, als das Bedürfnis nach Nahrung und Unterkunft oder Schlaf. Tatsächlich sind die Menschen jedoch bereit, beides um der Liebe willen aufzugeben.
Die Liebe ist in ihrer wahren Bedeutung von ihrem Wesen her moralisch. Sie erfordert altruistische Handlungen: geben, dienen, sich selbst für seine Lieben aufzuopfern. Liebe ist auch in ihrem Wesen ethisch, denn sie kann nur in der Beziehung mit einem anderen Menschen verwirklicht werden. Das Urteil darüber, ob unsere Liebe echt oder falsch, besitzend oder gebend, selbstlos oder selbstzentriert ist, wird am Ende von unserem Partner entschieden. Daher freut unser Herz sich auf der Suche nach Liebe, wenn es ein moralisches und ethisches Selbst fördert, das den Test auf Liebe besteht. Wegen dieser Eigenschaft des Herzens weisen die Menschen oberflächliche oder unehrliche Zuneigungen zurück, rühmen dauerhafte Ehen und lehnen außereheliche Liebeleien ab.
Unser Herz beginnt vom Moment unserer Geburt an, sich zu entwickeln. Doch dies ist kein automatischer Prozess wie das Wachstum unseres Körpers, sondern etwas, das wie eine Pflanze kultiviert werden muss mit Liebe und Pflege, um gesund und schön zu werden. Ein Mensch muss Liebe erleben, damit das Herz ermutigt wird, sich zu öffnen und eine innere Verbindung mit anderen zu schaffen. Da ein kultiviertes Herz ein moralisches ist, muss eine Person gute Vorbilder haben, die als Rollenbilder dienen.
Zusätzlich muss eine Person sich bemühen, sich um andere zu kümmern und andere wertzuschätzen. Ein kultiviertes Herz ist ein selbstloses Herz.
Die beste Umgebung für dieses Wachstum bietet gewöhnlich die Familie, aber die Schule kann ebenfalls eine große Rolle spielen. Lehrer können einen beachtlichen Einfluss auf die Herzensbildung der Kinder und jungen Erwachsenen ausüben. Das geschieht, wenn die Lehrperson mit einem elterlichen Herzen der Fürsorge und Liebe sich um die Kinder kümmert und dadurch eine sichere Umgebung zum Lernen ermöglicht.
Reife Persönlichkeiten zeichnen sich durch ein ernsthaftes Herz sowie durch die Liebe und das Leben für andere aus. Sie zeigen Selbstkontrolle und widerstehen der Versuchung, selbstsüchtigen Impulsen zu folgen. Stattdessen unternehmen sie Anstrengungen, für andere zu leben. Ihre Worte und Taten stimmen überein. Viele Menschen wissen, was richtig ist und sagen was richtig ist, aber versagen darin, ihren eigenen Worten entsprechend zu handeln.
Wir nennen solche Menschen Heuchler. Leute mit einem reifen Charakter werden ihren eigenen Werten entsprechend leben und sie zu ihren persönlichen Tugenden machen. Eltern und Lehrer tragen Verantwortung, moralische Vorbilder zu sein.
Der erste Abschnitt der Erziehung konzentriert sich auf die Entwicklung des Herzens, sodass der Einzelne einen vertrauenswürdigen und zuverlässigen Charakter in allen zukünftigen Beziehungen und Handlungen aufweist. Die Kultivierung des Herzens ist die erste Dimension der Erziehung, die in einem reifen Charakter Früchte trägt. Sie ist auch die Grundlage um die anderen beiden Dimensionen der Erziehung zu erlangen.
2. Liebende Beziehungen und Familie
Die zweite Dimension der Erziehung entspricht dem zweiten Ziel der Erziehung: Menschen zu helfen, die Fähigkeit für ethische und liebevolle Beziehungen zu entwickeln. Liebe kann nicht von Ethik getrennt werden, denn die Ethik regelt den richtigen Umgang mit anderen.
Aufbauend auf dem ersten Ziel, einem reifen Charakter mit der Fähigkeit, wirklich zu lieben, lernt eine Person die Standards und die richtigen Regeln für gute Beziehungen zu beachten. Die liebende und harmonische Familie ist zweierlei: das Ziel und der zentrale Zusammenhang von ethischem Training und Handeln.
Das Übermitteln von Regeln und Verhaltensnormen ist der Schlüssel zur Charakterbildung. Ein guter Charakter entwickelt sich nur durch einen Kurs ständiger Selbstdisziplin und im Streben nach gutem Benehmen. Ein ethisches Training stattet uns mit Standards aus, nach denen wir unser persönliches Leben führen und unsere Beziehungen mit anderen gestalten können. Dieser Teil der Erziehung beschäftigt sich mit dem Erlernen von Regeln, dem Training, Regeln zu befolgen und die Gründe hinter den Regeln zu verstehen. Die goldene Regel: „Behandle andere so wie du selbst behandelt werden willst,“ ist eine typische Richtlinie für ein ethisches Leben.
Allgemeine moralische Prinzipien, die von den größten Kulturen der Welt anerkannt werden
Das Böse kann durch das Gute überwunden werden. „Liebet eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen!“ (Christentum)
„Die gute Tat und die böse Tat sind nicht gleich. Ersetze die böse Tat mit einer, die besser ist, denn siehe, derjenige, mit dem du einen Zwist hattest, wird so werden als sei er dein bester Freund“. (Islam)
„Besiege den Hass durch Liebe. Besiege das Böse durch das Gute. Besiege den Geiz durch Großzügigkeit. Besiege die Lüge durch die Wahrheit“ (Buddhismus).
„Ich behandle diejenigen, die gut sind, mit Güte und auch jene, die nicht gut sind, mit Güte. Dadurch bleibt die Güte bestehen“ (Taoismus).
Was wir geben, wird zu uns zurückkommen: „Die Asche wird in das Gesicht dessen zurückfliegen, der sie wirft“ (Afrikanisches Sprichwort).
„Was man sät, wird man ernten“ (Christentum) „In welche Bedrängnis du gerätst ist das, was deine eigenen Hände geerntet haben“ (Islam). „Der unkluge Mann wird von seinen eigenen Taten verzehrt wie jemand, der vom Feuer verbrannt wird“ (Buddhismus)
Die Verantwortung für unsere Probleme im Leben liegt bei uns selbst: „In der Kunst des Bogenschießens haben wir etwas, das dem Prinzip im Leben eines moralischen Menschen gleicht. Wenn der Bogenschütze die Zielmitte verpasst, dreht er sich um und sucht den Fehler bei sich“ (Konfuzianismus). „Der Mensch sollte seine eigene Realität erkennen und sich nicht selbst hindern. Denn er hat sein Selbst als seinen einzigen Freund oder seinen einzigen Feind“ (Hinduismus).
„Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken im eigenen Auge nicht?“ (Christentum).
In der Familie besteht das ethische Verhalten darin, dass wir eine angemessene Rolle entsprechend unserer Position einnehmen, ob als älterer Bruder oder Sohn, als Tochter oder Ehefrau, als Vater usw. Das bedeutet, die Verantwortung zu akzeptieren, die unserer Rolle innewohnt, die eheliche Treue hochzuhalten und die Integrität der Familie zu bewahren.
Die Schulen setzen sich aus Beziehungsnetzen und Verantwortungsbereichen zusammen. Idealerweise steht der Standard der Schule mit dem der Familie in einem harmonischen Verhältnis. Die Erziehung in ethischen Normen besteht aus dem ständigen Üben von Verhaltensweisen, Einstellungen und Umgangsformen. Sie umfasst die Kunst, Harmonie in den Beziehungen des täglichen Lebens zu schaffen. Sie bindet das Gespür ein, wem und wie man folgen und wen und wie man führen sollte. Eine charakterstarke Person kann sogar gut mit Leuten eine Beziehung aufbauen, mit denen der Umgang schwierig ist.
Die Regeln der Ethik sind keine Ziele für sich, sondern sie existieren zu dem Zweck, ein Umfeld für liebende Beziehungen zu schaffen und soziale Harmonie zu gewährleisten. Genauso wie eine Autoreise nur dann sicher und schnell ist, wenn die Straßenverkehrsregeln befolgt werden, so können auch die Familienbeziehungen nur harmonisch und liebevoll sein, wenn die ethischen Normen verstanden und befolgt werden. Wenn die Familie untadelig ist, können Harmonie und echte Liebe unter den Familienmitgliedern gedeihen und sich von dort auf die Beziehungen in der Gesellschaft ausbreiten.
Die moralische und ethische Erziehung sollte in einem Gleichgewicht zwischen Liebe und Regeln stehen. Das Handeln aus einem liebenden Herzen und das Handeln aus Gehorsam scheinen völlig gegensätzlich zu sein. Nachdem das Wesen der Liebe darin besteht, sich um das Wohl des anderen zu kümmern, zeigt sich der Ausdruck des Herzens in Mitgefühl und Vergebung. Auf der anderen Seite sind ethische Regeln von Natur aus fordernd, gerecht, streng und kompromisslos.
Trotzdem ergänzen sich die beiden scheinbar gegenteiligen Komponenten der moralischen und ethischen Erziehung und verfolgen dasselbe Ziel – das Gute zu fördern. Die Liebe, die das Herz eines Kindes nährt und kultiviert, verankert die Motivation und den Wunsch, gut zu sein. Die Regeln der Ethik bestimmen das richtige Verhalten und leiten die Entwicklung zu einem guten Charakter. Dadurch können die Liebe und die Sorge um andere eine starke Motivation bilden, Regeln für gute Verhaltensweisen zu befolgen. Wenn wir in Bezug auf Standards streng sind mit uns selbst, ermöglicht uns das, zuverlässig und im Umgang mit anderen, ehrlich und gerecht zu sein.
Die Kultivierung des Herzens und die Charaktererziehung sollten sich die Waage halten. Wenn die moralische Erziehung die Regeln betont und es an Liebe fehlt, wird sie übermäßig hart und förmlich. Menschen, die so erzogen wurden, mögen diszipliniert und zuverlässig sein, aber es mangelt ihnen an Mitgefühl und Sensibilität. Sie könnten selbstgerecht werden und anderen schaden. Es ist schwer für sie, Liebe auszudrücken oder zu empfangen. Eine Erziehung, die zwar sehr liebevoll war aber einen geringen Standard aufweist, kann darin resultieren, dass junge Menschen undiszipliniert, verwöhnt und unverantwortlich sind.
Obwohl sie gut ausgestattet sind mit Mitgefühl für andere, werden sie nicht über genügend Charakterfestigkeit verfügen um treue und verlässliche Beziehungen aufzubauen, in welchen Opfer, Ausdauer und Loyalität erforderlich sind.
Dadurch benötigt das zweite der drei Erziehungsziele – ethische und liebevolle Beziehungen -die Kultivierung des Herzens und die Ausbildung in ethischen Standards. Menschen, die so erzogen wurden, werden natürlicherweise ethische Prinzipien verstehen und nach ihnen leben. Sie werden fähig sein, stabile Ehen zu führen, kompetente Eltern zu werden und im Allgemeinen für einen größeren Zweck und ein höheres Ideal zu leben.
Diese beiden Dimensionen von Bildung und Erziehung, die Kultivierung des Herzens und die Erziehung von Standards, bilden gemeinsam die moralische und ethische Erziehung oder Charakterbildung. Die moralische und ethische Erziehung ist die Grundlage aller anderen Bildungsbereiche.
3. Berufliche Qualifikation
Wir wollen uns nun der üblicheren Dimension der Erziehung zuwenden, der beruflichen Qualifikation. Wir alle haben einen natürlichen Wunsch nach Kreativität und Kompetenz, welche durch Bildung, Übung und Erfahrung verwirklicht werden. Dieser Bildungsbereich umfasst eine akademische Erziehung, den Erwerb von Wissen in Fachbereichen wie Natur- und Sozialwissenschaften, Geschichte, Mathematik und Literatur. Er beinhaltet auch die technische Ausbildung auf praktischen Gebieten wie das Ingenieurwesen, Medizin, Justiz, Informatik. Zum Schluss bezieht er Kunst und Sport mit ein.
Schließlich existiert die Berufsausbildung nicht nur zum Selbstzweck, sondern sie dient einem höheren Zweck, indem sie leistungsfähige Bürger erzieht, welche ihr individuelles Potenzial entwickeln und einen Beitrag für ihre Gesellschaft und darüber hinaus für die Welt leisten können. Indem die Menschen Wissen, Fertigkeiten und technisches Können erwerben, bilden sie einen enormen Nutzen für die Gesellschaft, solange sie einen aufrichtigen Charakter und gute Beziehungen mit ihrer Familie, Gesellschaft und Mitarbeitern haben. Auf der Grundlage eines guten Charakters und geführt von einem liebenden Herzen, können wir unseren Wunsch nach persönlichem Erfolg mit dem höheren Zweck, anderen zu helfen, verbinden. Auf diese Weise können unsere Arbeit und unsere Kreativität für die Gesellschaft und die Welt einen großen Wert haben. Solche Menschen würden es niemals zulassen, dass ihr persönlicher Ehrgeiz dazu führt, andere auszubeuten, öffentliche Gelder zu missbrauchen oder sich auf andere betrügerische Machenschaften einzulassen.
Berufliche Qualifikation und moralischer Standard sind notwendigerweise miteinander verflochten. Es ist egal, ob wir mit unseren Händen oder mit unserem Kopf arbeiten, mit Menschen oder Dingen: Ein ausgeprägtes Gewissen und eine gut entwickelte Fähigkeit zu lieben, sind erforderlich um die menschliche Gesellschaft zu veredeln.
Ein guter Arzt ist nicht einfach jemand, der sich ausgezeichnet mit medizinischen Therapien auskennt, sondern jemand, der weiß, wie er seine Patienten liebe- und respektvoll behandelt. Ein großartiger Musiker ist nicht einfach jemand, der gut geschult ist in kreativem Ausdruck, sondern jemand, der den Geist anderer mit seiner Kunst erheben kann.
Professionalität ist ebenfalls mit Ethik verflochten. Kaufleute müssen mit ihren Kunden ehrlich handeln. Manager müssen sich im Umgang mit ihren Mitarbeitern von ethischen Überlegungen leiten lassen. Rechtsanwälte dürfen diejenigen, die ihnen vertrauen, nicht ausnutzen.
Obwohl sie wichtig ist, führt die berufliche Qualifikation allein nicht unbedingt zum Erfolg. Die Einstellung des Herzens, soziale Fähigkeiten und der ethische und menschliche Umgang mit anderen, bilden die moralischen Richtlinien für den Gebrauch unseres technischen Könnens, um sowohl der Gesellschaft zu dienen als auch persönliche Erfüllung zu finden.
Genauso muss die fachliche Kompetenz begleitet sein von der Sorge, die natürliche Umwelt zu erhalten. Die Liebe und Sorge für die Natur sind Wesensmerkmale eines gesunden Charakters.
Wir können uns die Erde vorstellen wie eine große Mutter, die alle Elemente zur Verfügung stellt, damit unser Körper ernährt und am Leben erhalten werden kann. Wir sollten die Natur so behandeln, wie wir unsere eigene Mutter behandeln würden, mit einem Gefühl der Dankbarkeit für das Leben und für die Nahrung, die sie immer freigiebig für uns bereithält.
Die natürliche Umwelt kann auch wie eine Erweiterung unseres Körpers gesehen werden.
So wie uns ein guter Charakter dazu führt, unsere physischen Bedürfnisse zu zügeln, so führt er uns auch dazu, unsere Gier im Zaum zu halten, damit wir die Umwelt nicht missbrauchen.
Wir sehen, dass die Entfaltung unserer Qualifikationen auf der Grundlage eines liebenden Herzens und reifen Charakters dazu führt, eine Person zu werden, die fähig ist, einen bedeutenden Beitrag zur Gesellschaft und Welt zu leisten – ob auf dem Gebiet technischer Errungenschaften, gemeinnütziger Vereine oder des Umweltschutzes. Indem solche Menschen erzogen werden, können wir sicher sein, dass unser Wissen und unsere Technologie niemals missbraucht, sondern immer auf einen höheren Zweck ausgerichtet werden.
Alle drei Dimensionen der Erziehung – die Kultivierung des Herzens, Erziehung in Normen und professionelle Ausbildung – sind beteiligt an der Verwirklichung des dritten von den drei Erziehungszielen: produktive Bürger hervorzubringen. Dieses Bildungsziel wird umgesetzt, wenn das Zuhause, die Schule und die Gesellschaft in Partnerschaft zusammenarbeiten um das Gleichgewicht aller drei Dimensionen sicherzustellen.
Zusammenfassung: eine ausgewogene Erziehung
Indem wir heute auf unsere Erziehungssysteme schauen, erkennen wir, dass diese Dimensionen sich in vielerlei Hinsicht in einem Ungleichgewicht befinden. Unsere Entwicklung, besonders während des letzten Jahrhunderts, ging dahin, große Mengen an Ressourcen in die dritte Dimension der Bildung – das Hervorbringen von kompetenten, fähigen, kreativen Bürger – zu investieren und dabei die fundamentaleren Dimensionen der Erziehung zu vernachlässigen. Das Ergebnis dieser Überbewertung zeigt sich in hochgebildeten Experten, denen es an Herz und moralischem Standard fehlt, gemessen an ihrem Einfluss und ihrer Verantwortung. Dadurch haben wir Computerspezialisten, die ihr Wissen verwenden, Viren zu produzieren, deren einziger Zweck darin besteht, die Programme von tausenden von Computern zu zerstören. Wir haben Künstler hervorgebracht, die ihre Talente benutzen, um Promiskuität und Gewalt zu propagieren. Zur selben Zeit, wegen des Mangels an Herzensbildung und Erziehung in Normen, leidet die Welt an den Auswirkungen von Selbstsucht, Familienzusammenbruch und der Fülle von sozialen Missständen.
Die Herausforderung für die Erziehung im 21. Jhdt. besteht in der Korrektur des gegenwärtigen Ungleichgewichts. Wir sollten ein wohlerzogenes Individuum als eines erachten, welches ein liebendes Herz kultiviert hat, in ethischen Verhaltensregeln geübt ist und Wissen und Fertigkeiten für produktive Tätigkeiten erworben hat. Da solche Personen sich in verantwortlicher Weise um ihre Familie kümmern, verfallen sie nicht einem Leben von Maß – und Zügellosigkeit. Sie sind in der Lage, hart zu arbeiten und besitzen die persönliche Charakterstärke, die erforderlich ist, um Wohlstand zu erlangen und ihn weise zu nutzen.
Sie sind das soziale und wirtschaftliche Vermögen ihrer Gemeinde.
Sozialer Wohlstand benötigt Bürger mit einem reifen Charakter und der Fähigkeit, verantwortlich ihre Pflichten zu erfüllen. Sie sollten nicht der Korruption verfallen oder ihre Fähigkeiten einsetzen um auf Kosten anderer weiterzukommen. Tatsache ist, ob das Wissen und die Kompetenz, vermittelt durch herkömmliche Bildung, zum Wohl oder zum Nachteil der Gesellschaft verwendet wird, hängt im Wesentlichen vom Herzen und dem Charakter ab.
Des Weiteren, da die meisten kriminellen Verhaltensweisen mit Problemen in der Familie beginnen, erfordert der soziale Friede, dass die Bürger glückliche und gut situierte Hausgemeinschaften haben. Daher sind die Bürger einer erfolgreichen Gesellschaft in Herz und Charakter reif, glücklich in ihren Familien und sozialem Leben und verfügen über Wissen und Fähigkeiten, um einen positiven Beitrag zu ihrer Gesellschaft zu leisten.
Wie bereits erwähnt, sollte die Erziehung die geistige und physische Dimension eines Menschen in Betracht ziehen, um jungen Leuten die Werte und Fähigkeiten zu vermitteln, die zu dauerhaftem Glück führen.
Aus: „Educating for True Love- Explaining S.M. Moon’s Thought on Morality, Family and Society“ – von