Dieser Vortrag wurde am 28. 11. 2013 von Johannes Stampf in Wien gehalten.

Identität – der Schlüssel zu einem erfülltem Leben

Wer bin ich? Diese Frage begleitet uns im Laufe unseres Erwachsen-Werdens, und oft noch lange darüber hinaus. Man kann sich ihr auf drei Arten nähern:

  1. Ich frage mich: was ist meine Entität? (mittelalterl. entitas = seiend, Ding). Ich stelle mich ins Zentrum meiner Suche: Wer bin ich? Das führt schließlich dazu, dass ich das Leben und die Welt von meiner Sichtweise aus verstehe. Diese Sichtweise betont meine Eigenständigkeit, Unabhängigkeit.
  2. Was ist meine Identität? Das bedeutet: Wem bin ich ähnlich? Zu wem passe ich? (lat. idem „derselbe, dasselbe, der Gleiche“) Diese Frage hebt den Aspekt der Bezugsorientierung und der Abhängigkeit hervor. Identität ermöglicht mir, meinen ganz persönlichen einzigartigen Platz in der Welt zu finden und einzunehmen.
  3. Wo finde ich meinen Platz im Großen und Ganzen? Bin ich als Einzelperson eine vollständige Grundeinheit? Könnte ich als Einzelperson das Leben weiteregeben? Ich könnte es nicht. Es braucht einen Partner und die 2. Generation, um das Leben weiterzuführen.

Diese Sichtweise ist zusammenführend und zielgerichtet. Letztendlich ist sie die erfüllendste Annäherung an die Frage: „Wer bin ich?“

Diese drei Punkte sind die Minimum-Komponenten, um das Ziel der Selbstfindung und Sebstverwirklichung erreichen zu können.

Meistens endet die Identitätssuche bei Punkt Eins oder Zwei und führt somit zu einem starken Individualismus.

 

Was ist der Ursprung meiner Identität?

 

Mit Hilfe der Archäologie fanden wir menschliche Überreste, wie Mumien oder Knochen, aber daraus können wir nicht ableiten, was zur Entstehung des Menschen geführt hat. Auch die Evolutionstherorie ist ein Entstehungsmythos mit vielen ungeklärten Kapiteln.

Wenn wir den geistigen Ursprung des Menschen erforschen möchten, müssen wir die Schöpfungsmythen verschiedener Kulturen studieren.

Der christliche Kulturkreis stützt sich auf die Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis des Alten Testaments.

Gott schuf das Menschenpaar als sein Abbild, als Vorlage für alle anderen Geschöpfe. Die physische und geistige Welt dienen als Lebensraum für  den Menschen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet bekommt die Frage: “Wer bin ich? Was ist meine Identität?“ eine neue Richtung: Die dem Menschen zugrunde liegende Idee stammt von Gott: „…und das Wort ist Fleisch gworden“(Joh.1:14). Gott entlässt Adam und Eva in ihre Entität, und sie finden ihre Identität in der Idee Gottes. Jeder Künstler/Schöpfer identifiziert sich mit seinem Werk, weil er sich darin ausdrückt. Daher besteht eine unzertrennliche Beziehung zwischen dem Schöpfer und seinem Werk. Diese Verbindung ist die Verbindung zwischen Entität und Identität. Das alles wissen wir unbewusst, weshalb wir mit unserer Identitätauch nicht zufrieden sind. Dieser Zustand wird sich nur ändern, wenn wir die Beziehung zu unserem Ursprung bewusst erleben.

Während der Entfaltung unserer Entität müssen wir Entscheidungen treffen. Diese können auch falsch ausfallen. Solche falschen Entscheidungen sind im Sündenfall-Mythos beschrieben. Seitdem sind die Menschen auf Identitätssuche. Die Entstehung von Religionen und Kulturen hat hier ihren Ursprung.

Wie hätte sich die Identität in einer freien Person entwicklen sollen? Die Identitätsentwicklung beginnt bei der Geburt: Ein Mensch sollte die Frucht der Liebe seiner Eltern sein. Das Erste, was ein Neugeborenes braucht, ist Elternliebe. Deshalb ist das der erste Schritt, um Identität anzunehmen. Der zweite Schritt ist die Abnabelung von den Eltern, wodurch sich die Entität als ein selbstständiger Mensch heranbildet. Diese Entwicklung schließt im Idealfall mit der Geist-Körper-Einheit ab und sollte zur Bildung einer eigenen Familie hinführen.

Im dritten Schritt würde der Mensch zum Bilde Gottes, zu einem wahren Menschen, werden. Dieser dritte Schritt wurde jedoch nie gemacht.

Der ursprüngliche vorgesehene Weg unserer Identitätsentwicklung (im Detail)

Identitätsentwicklung beginnt damit, dass ich mich mit der Liebe meiner Eltern identifiziere (Elternliebe). Den Grundstock meiner Identität sollte ich von meinen Eltern bekommen.

Da Gott ein Gott des Herzens und der Liebe ist, soll der von mir zu schaffende (dazukommende) Teil meiner Identität nahtlos an die Liebe Gottes anschließen – dieser Anschluss ist die aktive Kindesliebe.

Ich sollte die Liebe, die Gott in und mit mir begonnen hat, weiter entwickeln und vollenden.

4Ich bin von diesem Punkt an aktiver Mitschöpfer der Liebe, die Gott in und mit mir zu schaffen beabsichtigt.

Die bewusste Stabilisierung meiner inneren Harmonie (Geist/Körper-Einheit) sichert meine persönliche Identität – ich erwerbe meine Eigenständigkeit durch (Schul)Bildung (äußerlich, fachlicher Bezug) und Pubertät (innerlich= selbständiger Liebespartner =Liebesbezug).

Geist/Körper Harmonie, der zweite Schritt in meiner Identitätsentwicklung:

Die bewusste Stabilisierung meiner inneren Harmonie sichert meine Identität, aber der ursprüngliche Weg 6meiner Identitätsentwicklung geht über mich als Individuum hinaus in eine höhere Stufe (= Mein Platz im Ganzen)

Mann/Frau Einheit, der dritte Schritt in meiner Identitätsentwicklung:

Ich werde zum Bild Gottes, ein ganzer Mensch. Schließlich mache ich durch die von Gott gesegnete Hochzeit den Schritt zur menschlichen Ganzwerdung.

Ein Mensch allein ist nur ein Teilbild (wie ein Proton nur ein Teil des Atoms oder ein Zellkern nur ein Teil einer Zelle ist).

7Die von Gott gesegnete Hochzeit wäre der Schritt zur menschlichen Ganzwerdung und der Beginn des Himmelreichs gewesen. Das Himmelreich erbauen bedeutet,  auf der Basis von Entität und Identität Familien zu errichten und die Erde zu füllen.

Der Sündenfall bewirkte ein Herausfallen aus der göttlichen Ordnung (=Identitätsverlust). Durch die Versuchung des Engels kam es im Menschen zu einer Identitätskrise: „Hat Gott wirklich gesagt, dass ihr von keinem Baum des Gartens essen dürft?“ (Gen.3:1)  Eva und Adam waren sich ihrer Identität nicht mehr sicher und haben sie aufgegeben. Es kam zu einem Herausfallen aus der gesamten Schöpfungsordnung und zu einem Absturz in ein Schattendasein. Die Menschen habe eine Schein-bzw. Sub-identität angenommen. Sie leben in einer Schöpfung, die ihnen fremd ist und die sie in der Folge auch nicht ihrer Bestimmung entsprechend nutzen und verwalten können.

 

Wir haben unseren göttlichen Charakter verloren und sind in ein Leben der Ambivalenz gestürzt. Weil wir unsere wahre Identität noch nicht gefunden haben, fühlen wir uns allein und verlassen.

      Der Sündenfall bedeutete:

  1. Identitätsverlust
  2. Innere Zerrissenheit
  3. Machtlosigkeit
  4. Herausfallen aus der göttlichen Ordnung

9Was haben unsere Vorfahren in dieser Schattenwelt gemacht? Sie haben ein Schattenleben geführt, sich vermehrt, Familien und Staaten gegründet. Die Menschheit ist bis heute geprägt vom Trauma des Sündenfalls.

Persönliches Bemühen kann uns aus diesem Konflikt nicht endgültig herausführen. Es geht darum, dass wir unsere Identität und Entität finden. Das können wir, wenn wir „neu geboren werden“ (Joh.3:1)

Letztendlich braucht es dazu wahre Eltern. Der Same des Himmelreichs sind wahre Eltern mit wahrer Elternliebe. Dann kann der Mensch seine ursprüngliche Position einnehmen, nämlich Mittelpunkt der Schöpfung zu sein. Jeder Mensch könnte dann von sich sagen: „Ich bin Fleisch gewordene Idee Gottes, Gottes Sohn/Tochter“!

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