„Die Familie ist das einzig sichere Fundament. Du brauchst die Unterstützung und die Liebe einer Familie oder du hast nichts.“
“The Family is the only secure foundation. You must have the support and love of a family or you don’t have much at all.” (Mitch Albom), (1).
Erlauben Sie mir, mit einer kurzen persönlichen Einleitung zu beginnen. Ich bin Wiener, lebe jetzt jedoch schon mehr als 33 Jahre in den Vereinigten Staaten. Während meiner Lehrtätigkeit als Theologe und Philosophieprofessor habe ich ein besonderes Interesse für die Themen Ehe und Familie entwickelt. Ich bin mit meiner lieben Frau Elisabeth, die Französin ist, verheiratet. Für uns beide sind die Erfahrungen, die wir in der Erziehung und Begleitung unsere Kinder Christopher und Diesa machen konnten, von größtem Wert. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht, deren wir uns sehr bewusst sind. Wir fühlen uns motviert, etwas von unseren Erfahrungen an andere Paare weiterzugeben, sodass sie daraus Nutzen ziehen können. So halten wir regelmäßig Seminare ab, die die Bereicherung menschlicher Beziehungen zum Ziel haben, um Ehepaaren und Familien zu helfen, die heilende Kraft wahrer Liebe zu entdecken.
Die Familie in der heutigen Gesellschaft
Es mag sich als nützlich erweisen, die Situation der Familie in den Vereinigten Staaten für einen möglichen Vergleich mit der europäischen Situation zu beschreiben. Von einem bestimmten Blickwinkel scheint es mir, dass das Familienleben in den Vereinigten Staaten die Situation widerspiegelt, wie wir mit dem Überangebot an materiellen Gütern und dem hohen Lebensstandard umgehen. Wie sieht das Urteil aus? Ich muss zugeben, dass wir in vieler Hinsicht versagten. Es hat den Anschein, dass es an innerer Stärke mangelt, unsere als richtig erkannten Werte auch in die Tat umzusetzen.
Um diese Unfähigkeit zu erklären, nämlich erfolgreiche menschliche Beziehungen in dieser zunehmend materialistischen Konsumkultur zu verwirklichen, können wir zwei Gründe anführen. Der erste ist die oft unbewusste Annahme von auf sich selbst bezogenem Individualismus, der darauf besteht, Recht zu haben und nur das zu tun, was man als das Beste für sich selbst empfindet. Der zweite Grund ist eine Folge aus dieser Denkweise und kann mit der inneren Einstellung unrealistischer Erwartungen beschrieben werden. Was immer wir erleben oder bekommen, es scheint niemals gut genug zu sein.
Erlauben Sie mir, die traurige Situation eines zerfallenden Familienlebens mit einem Beispiel zu erläutern. Ich beginne mit dem Profil eines in vieler Hinsicht typischen amerikanischen Paares, Sally und Tom.
Sally denkt: „Ich hätte mir niemals vorgestellt, dass das Zusammenleben mit ihm so schwierig sein wird. Ich dachte, dass ich ihn ändern könnte, nachdem wir geheiratet hatten, aber nun sind bereits 20 Jahre vergangen und er irritiert mich noch immer mit seinen unzivilisierten Manieren und seinem gefühlslosen Betragen. Er lässt seine schmutzigen Socken und seine Wäsche am Boden liegen und erwartet von mir, dass ich hinter ihm herlaufe um aufzuräumen. Er zeigt fast keine Selbstbeherrschung in seinen Essmanieren mit seinen launenhafter Überfallen auf den Kühlschrank. Dies sind nur einige der alltäglichen Dinge, die mich die Wände hochtreiben. Dabei rede ich noch gar nicht von seinem Schnarchen und von seinem unkontrollierten Aufbrausen, wenn er glaubt, beweisen zu müssen, dass er Recht hat. Das einzige, was er von mir will, ist sexuelle Befriedigung. Meine Sehnsucht nach Intimität hat anscheinend in seinem Denken keinen Platz mehr. Er ist so verantwortungslos und er unterlässt es, klare Pläne für unsere Zukunft zu machen. Er lebt immer in seiner eigenen Welt und nimmt gar nicht wirklich wahr, was um ihn herum geschieht. Ich träumte von einem romantischen Leben, in dem wir alles miteinander teilen, aber ich fühle, dass ich die letzte Person auf seiner Liste bin.“
Tom denkt: „Hier ist es wieder. Wie kann sie so angerührt sein? Sie verhält sich wie eine Prinzessin auf der Erbse. Sie sorgt sich um kleine, unwichtige Details und beschwert sich, wenn nicht alles so ist wie sie es haben möchte. Sie lässt nicht locker, mich in eine Art Superman verwandeln zu wollen. Wenn sie wieder einmal von ihrer Laune überkommen ist, mir Anweisungen zu geben, fühle ich mich wie ein Zweijähriger, dem dauernd gesagt wird, wie er sich zu verhalten hat, und dann mache ich Dinge, die ich niemals machen wollte. Das sind die Augenblicke, in denen mein Selbstbewusstsein den Tiefststand erreicht. Ich dachte, unser Zusammenleben würde wie eine Teamarbeit werden, wo wir unsere Bürden und unsere Freuden miteinander teilen. Aber nun fühle ich, dass ich immer zu kurz komme. Wie sehr ich auch versuche ihr Freude zu bereiten, sie gibt mir immer das Gefühl, dass es nicht gut genug ist. Wie kann ich mit dem steigenden Druck des Alltagslebens umgehen, unseren Umständen entsprechend zu leben, wenn sie in ihrer eigenen Vision von finanzieller Realität festsitzt, in der das Geld auf einem Baum hinterm Haus wächst und nur heruntergeschüttelt werden muss? Sie möchte fein speisen und pocht auf ihren regelmäßigen Traumurlaub und ich fühle mich wie in einer Zwangslage, weil ich all diese Erwartungen nicht erfüllen kann. So frage ich mich: wo bleibt da die Teamarbeit?“
Was lernen wir von einem solchen Profil? Es hat den Anschein, dass die heutigen Ehen von einer ansteigenden Spannung zwischen unrealistischen Träumen und unerfüllten Erwartungen leiden. Wenn diese Spannungen unerträglich scheinen, sieht das Ehepaar keinen anderen Ausweg als die Scheidung, trotz der besseren Einsicht, dass die Scheidung einen zerstörerischen Einfluss auf die Kinder hat. Schliesslich ist es die Stimme der schwächsten Familienmitglieder, nämlich der Kinder, die die Qualität des Familienlebens am besten beschreibt.
Dr. James Dobson, ein sehr bekannter amerikanischer Familientherapeut, berichtet von einer Volksschullehrerin aus Kalifornien, die ihre Schüler Sätze niederschreiben ließ, die mit: „Ich wünsche (mir)“ oder „Ich möchte“ beginnen. Sie erwartete Antworten wie: „Ich möchte Pilot werden“, oder „Ich möchte ein Filmstar werden“ oder „Ich möchte ein berühmter Sportler werden“. Zu ihrer Überraschung las sie die folgenden Sätze: „Ich wünschte, mein Vater hätte mehr Zeit für mich“, „Ich wünschte, ich hätte nur einen Vater/ nur eine Mutter“, „Ich wünschte, meine Mutter würde aufhören Männerbekanntschaften zu haben, die mein Leben verpfuschen“, „Ich wünschte, meine Eltern würden ihre Liebe nicht zurückhalten, wenn ich schlechte Noten nach Hause bringe“. Die Liste ähnlicher Antworten setzte sich noch lange fort. Über 80% der Antworten bezogen sich auf gestörte Familienverhältnisse und bestätigen so die bedrückende Statistik, die für Amerika eine Scheidungsrate von über 50% ausweist.
Aber sind die restlichen 10 von 20 Paaren glücklich? Familienexperten haben eine negative Antwort. Nur 1 oder 2 von 10 Paaren führen ein harmonisches und ausgeglichenes Eheleben. Das Familienleben ist in zunehmendem Maße der Unterwanderung von außen ausgesetzt, wie die Bedrohung durch freien Sex, Ehebruch, Pornografie, Homosexualität und lesbische Liebe. Die gesamte Kultur, im Besonderen aber die Unterhaltungsindustrie scheint mit missbräuchlichem Sex durchtränkt zu sein, und der wachsende Tribut schlägt sich in steigenden Teenager-Schwangerschaften, Abtreibungen und STDs – sexuell übertragbaren Krankheiten – im Besonderen AIDS nieder.
Eine neue Vision der Familie
Aber auch nachdem ich das alles gesagt habe, bin ich überzeugt, dass es sehr wohl eine andere Seite der Geschichte gibt. Es gibt zahlreiche gewissenhafte Menschen, die unermüdlich daran arbeiten, traditionelle Familienwerte zurück zu bringen. Unter vielen anderen ist da eine „Ehe-Begegnungs-Bewegung“ (Retrouvaille), die Paare darin unterstützt, ihre Beziehung zu bereichern und den Paaren, die an ihrem emotionalen Existenzminimum angelangt sind, helfen ihre Ehe zu retten und so eine Scheidung zu verhindern. Da gibt es die „Eheretter“, eine Initiative, die von christlichen Geistlichen und jüdischen Rabbis betreut wird und die ausführliche Ehevorbereitung und Beratung anbietet. Weiters gibt es “Divorce Busting” (Scheidungsüberwindung), “ Relationship Enhancement” (Beziehungsverbesserung) sowie “How the one of you can bring the two of you together”, (Wie einer oder eine der beiden die beiden zusammenbringen kann), um nur einige zusätzliche Ansätze der Eheberatung oder Ehetherapie beim Namen zu nennen. Es gibt auch Organisationen, die eine auf Abstinenz aufbauende Sexualerziehung fördern wie „Free Teens“ (freie Jugendliche) und die „Pure Love Alliance“ (Allianz reiner Liebe), die großen Zulauf haben und sich immer breiterer Akzeptanz seitens der Öffentlichkeit und der Privatschulen erfreuen. Meine Frau und ich leiteten zahlreiche Lehrgänge für Ehe- und Beziehungsförderung, nicht nur um sich abmühenden Paaren zu helfen, sondern um es Paaren zu ermöglichen, tiefere Dimensionen ihrer Liebesbeziehung zu entdecken. Man kann sich natürlich fragen, warum es nicht größere Erfolge in der Heilung funktionsgestörter Familien gibt.
Auch wenn ich mich jetzt der Gefahr der Vereinfachung aussetzen mag, möchte ich eine Antwort anbieten. Erfolgreiche Ehen und Familien brauchen beides, ein geistiges Leben und die Qualifikation, menschliche Beziehungen zu errichten und zu pflegen. Die meisten Familientherapeuten konzentrieren sich darauf, ihren Klienten auf der Beziehungsebene zu helfen und entwickeln ausgeklügelte psychologische Ansätze der Beziehungsbildung. Woher aber kommen Motivation und Zielsetzung, die durch immer wiederkehrende Übung und Praxis auf die persönliche Selbstbemeisterung und die Sensibilität dem Partner gegenüber abzielen? Meiner Überzeugung nach hat dauerhafte Verbindlichkeit sich ständig verbessernder und wachsender Ehe- und Familienbeziehungen ihre Wurzeln in der Liebe Gottes und dem sich daraus ergebenden geistigen Leben, das ihren ersten Ausdruck in einer klar dargelegten Vision für die Familie findet.
Die Familie und Rev. Moon
An dieser Stelle erlauben Sie mir eine kurze Zusammenfassung von Rev. Moons Verständnis einer gesunden Familie anzubieten. Was beinhaltet dieses Verständnis des ursprünglichen Potenzials eines gesunden Familienlebens? Die menschliche Entwicklung wächst in Stufen, in denen wir bestimmte Liebesbeziehungen aufbauen und durchleben. Liebe erfährt man nicht, wenn man sich irgendwie generell anderen zuwendet. Vielmehr ist Liebe von Anfang an so angelegt, dass sie innerhalb der Familie erlebt wird. In anderen Worten, wir benötigen zuerst das Erleben und das Reifen von Liebesbeziehungen im Familienverband, und erst auf dieser Basis werden wir fähig, unsere Liebe auf die Welt um uns herum auszudehnen.
Der Hauptaspekt der Liebe ist, dass sie mit unserem Partner beginnt. Wir können Liebe nicht selbst generieren. Vielmehr müssen wir das eigene Selbst transzendieren und es sozusagen „leer“ machen. Erst wenn eine auf sich selbst zentrierte Lebensweise abgelegt und durch ein vollständig partnerkonzentriertes Leben ersetzt wird, kann Liebe in Erscheinung treten. Familientherapeuten sind sich darin einig, dass Liebe die Entscheidung ist, den Partner zur wichtigsten Person in unserem Leben zu machen (2).
In der Familie erleben wir vier aufeinanderfolgende Stufen von Liebesbeziehungen, nämlich die Liebe eines Kindes zu seinen Eltern, die Geschwisterliebe, die eheliche Partnerliebe und die Liebe der Eltern zu ihren Kindern. Jede dieser vier Liebesbeziehungen beeinflusst die detaillierte Ausformung der Persönlichkeit der Familienmitglieder. Reverend Moon spricht von „Vier Herzensbereichen“, um hervorzuheben, dass jeder Mensch das Potenzial besitzt, sein oder ihr „Herz“ auszubilden, um die einzigartige Identität zu entwickeln, in der die vier Arten der Liebesbeziehungen innerhalb der Familie ihren jeweils formgebenden Einfluss besitzen (3).
So ermöglicht die Familie eine Erziehung, in der die Liebe erlebt wird. Diese Erziehung legt auch die ultimative Bedeutung der Liebe als Verbindungsmedium zwischen dem temporären (vergänglichen) und dem ewigen Bereich offen. Wir können also sagen, dass die familiären Liebesbeziehungen im physischen temporären Bereich die Menschen auf ihre Existenz im spirituellen, ewigen Bereich vorbereiten (4).
Es mag schwierig sein, die einzigartigen Charakteristika dieser vier Basistypen der Liebe, die das Familienleben ausmachen, zu verstehen. Generell analysieren Ehe- und Familientherapeuten Liebesbeziehungen innerhalb der Familienmitglieder aus psychologischer Sicht. Hier wird das Liebeserleben als primär natürliche Erscheinung aufgefasst, und von den Erklärungen wird erwartet, dass sie sich innerhalb des beobachtbaren physischen Bereichs bewegen (5). Betrachten wir jedoch die Sache tiefer, mögen wir zu dem Schluss kommen, dass die Realität (Wirklichkeit) der Liebe nicht das Produkt eines menschlichen Erfindungsreichtums ist, sondern uns als ursprüngliche Gabe und als Frucht ernsthafter Anstrengungen mitgegeben wurde. Kurz gesagt besitzen Liebesbeziehungen eine klare spirituelle Dimension, indem sie verschiedene Aspekte der Liebe Gottes manifestieren. Die Vision eines gesunden Familienlebens muss diesen spirituellen Aspekt der Liebe ganz besonders einschließen.
Kehren wir zu den vier Arten der Liebe innerhalb der Familie zurück, so entdecken wir in jeder von ihnen einzigartige Merkmale . Sehen wir uns zuerst die Geschwisterliebe und die eheliche Partnerliebe an, die beide von Natur aus horizontal sind und Wachstum und Entwicklung innerhalb der physischen Ordnung unter Familienmitgliedern der gleichen Generation aufzeigen. Geschwister drücken ihre Liebe untereinander aus, indem sie sich einander mitteilen, respektieren und miteinander kooperieren. So durchlaufen sie einen Wachstumsprozess als Vorbereitung auf das Eheleben. Sie entwickeln ihre sexuelle Identität und sind während ihrer Pubertät mit ganz persönlichen Wachstumserscheinungen konfrontiert. Das untrügliche Zeichen unserer menschlichen Selbsttranszendenz besteht aus unserer Identität als geschlechtliche Wesen. So können wir sagen, dass Mann und Frau zu gegenseitigen Liebespartnern geschaffen wurden (6).
Die eheliche Partnerliebe beginnt mit der Heirat und manifestiert die Erfüllung der Liebe, wie sie ursprünglich von Gott beabsichtigt war. Mann und Frau entwickeln innerhalb ihres horizontalen Liebesaustauschs ein gegenseitiges „Sich selbst Verschenken“, was zu einer „Einheit in zwei Personen“ führt. Auf diesem Weg errichten sie das Ideal, ein vollkommener Objektpartner für Gott zu werden und sind somit fähig, seine Liebe zu erwidern. Man kann also sagen, dass Gottes vertikale Liebe in der horizontalen Liebe eines gereiften Paares ihre substanzielle Ausdrucksform findet und so eine „Einheit in drei Entitäten“ nämlich zwischen Gott, Ehemann und Ehefrau geschaffen wird. Die Verwirklichung der wahren Liebe durch das von Gott beabsichtigte Eheideal bekräftigt die menschliche Mitschöpferschaft. Gottes Fruchtbarkeit findet ihren Ausdruck in der Fruchtbarkeit des Menschen. So markiert die Geburt eines Kindes die Weitergabe und Vermehrung der Liebe durch die Errichtung einer Blutslinie. Letztlich ist es auch verständlich, dass Ehepaare und Familien zum vollen Ausdruck des Bildes Gottes werden und sie so die Verwirklichung der bereits angesprochenen Idee sind, nämlich dass Einzelpersonen das Bild Gottes nicht vollständig darstellen können.
Die beiden übrigen Arten der Liebe, namentlich die Kindesliebe und die Elternliebe, sind primär vertikaler Natur, wo eine gegenseitige Beziehung zwischen Abhängigkeit und bedingungslosem Gebens zwei Generationen miteinander verbindet. Kinder nehmen hauptsächlich eine empfangende Rolle ein, die am besten als Disposition zur Pietät und Dankbarkeit beschrieben werden kann, während Eltern eine aktive Liebesrolle übernehmen, die vom Wesen her aufopfernden Charakter hat.
In Bezug auf ihre spirituelle Dimension ist die Eltern-Kind Beziehung bezeichnend für die Liebebeziehung zwischen Gott und Mensch. Wir sind als Kinder Gottes geschaffen, die selbst Vater und Mutter werden und auf diese Weise das elterliche Herz Gottes erleben (7). Des Weiteren wird die Familie durch das Erscheinen einer neuen Generation zum Entfaltungsort von Gottes Liebe mittels der Bildung einer familiären Ahnenlinie. Sofern die Errichtung einer Blutslinie das Erleben der Elternschaft vermittelt, zeigt sie auch das Ziel der persönlichen Reife, nämlich, durch das Ererben des elterlichen Herzens Gottes zum Bild Gottes zu werden. Hier haben wir als Menschen das Potenzial, durch die Reflexion des unveränderlichen göttlichen Herzens, das bedingungslos gibt, die Essenz unserer eigenen Persönlichkeit zu verwirklichen (8).
Die innere Transformation erleben
Das Entdecken unseres gottgegebenen Potenzials, liebende Persönlichkeiten zu werden, schließt einen inneren Wandel mit ein. Unser Verständnis der zuvor erwähnten Vision einer gesunden Familie mag sehr wohl der Anfangspunkt für solch eine innere Transformation sein. Um diesen inneren Wandel in unserer Persönlichkeit zu illustrieren, kehren wir kurz zu Tom und Sally zurück.
Nachdem Sally ihr Herz geändert hat, denkt sie:
Irgendetwas tief in meinem Herzen sagt mir, dassTom mein Ehemann ist, und wenn ich auch bereits alle Wände hochgeklettert bin, so liebe ich ihn. Ich wünschte nur, wir könnten unsere Liebe von den luftigen Höhen der Hoffnung zu einer erlebten Erfüllung hier auf dieser Welt umwandeln. Ich erkenne, dass das von meiner Seite her harte Arbeit fordert und meine Gewohnheit, mich auf seine schwachen Punkte zu konzentrieren und ihn ändern zu wollen, überwunden werden muss. Vielmehr möchte ich es von nun an zu meiner Gewohnheit machen, seine guten Eigenschaften anzuerkennen und ihn zu ermuntern, diese einzusetzen. Bevor ich ihm gegenüber einen Punkt erwähne, der zu verbessern ist, werde ich ihm gegenüber meine Anerkennung und Würdigung einiger seiner guten Charaktereigenschaften zum Ausdruck bringen.
Nachdem Tom sein Herz geändert hat, denkt er:
Nach wie vor fühle ich, dass Sally besonders ist. Sie ist diejenige, die ich immer lieben werde. Irgendwie denke ich, dass es da eine andere Dimension in unserer Beziehung gibt, die noch darauf wartet, entdeckt zu werden, und dass unsere gemeinsame Reise, echte Liebe zu finden, tatsächlich ein Ziel hat. Es scheint wertvoll und erstrebenswert zu sein, einen Traum für unser eheliches Zusammensein zu haben und alles zu unternehmen, damit dieser Traum Wirklichkeit wird. Ich werde beginnen, sorgsam auf sie zu hören, damit ich ihre Gefühle verstehen kann. Ich erkenne, dass wir mehr Mußestunden miteinander verbringen müssen, damit unsere Liebe wachsen kann und wir echte Intimität erleben können.“
Beide, Tom und Sally, denken jetzt anders. Um all die guten Absichten zur Verbesserung unseres Ehelebens durchführen zu können, müssen wir dauernd von einem endgültigen Zweck für unser Leben motiviert sein, nämlich, die Liebe unseres Schöpfers zu erwidern. Nicht nur die Eheleute, sondern alle Familienmitglieder werden die Wichtigkeit eines starken spirituellen Lebens erkennen, das als Grundlage für unsere innere Transformation dient.
Zusammenfassung
Wir haben nun unser gottgegebenes Potenzial für eine gesunde Familie erforscht. So sehr wir eine solch essenzielle Orientierung in Richtung menschliche Liebesbeziehungen auch einräumen mögen, unsere gegenwärtige Kultur schaart sich um eine andere Botschaft. Es ist die Botschaft des Individualismus. Wir sollten glauben, dass ein erfülltes Leben das Resultat eines Lebens ist, in dem wir die Erfüllung unserer eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt haben. Das eigene Selbst wird als Drehpunkt zur Anhebung der Lebensqualität auserwählt, was eine Voreingenommenheit zur Folge hat, die in Selbstverwirklichung, Selbstbelohnung und Selbsterfüllung ihre höchsten Werte sieht. Hier zeigt sich der Bedarf für eine innere Transformation von einem säkularen, selbstzentrierten Individualismus hin zu einem Gott-zentrierten, sich zuerst um den anderen sorgenden, Individualismus. Wir müssen klar aufzeigen, dass der Kern der inneren Transformation von einer neuen Vision der Familie gebildet wird. Solch eine Vision stützt sich darauf, dass der Individualismus selbst nicht der Weisheit letzten Schluss bilden kann, sondern den höheren Zweck, liebende Familien zu errichten und der Gemeinschaft zu dienen, eingeschließen muss.
Wir können unsere Diskussion zusammenfassen, indem wir aufzeigen, dass wir eine derartige innere Transformation auf drei Ebenen durchlaufen müssen, um zu einem neuen menschlichen Selbstverständnis zu gelangen, das als Fundament für dauerhaften Frieden dienen kann.
A) Auf der individuellen Ebene gilt es die “gesunde Persönlichkeit” neu zu definieren, indem wir sie in den Dienst der Liebe stellen. In der Vergangenheit ergab die Betonung oder das Hervorheben der rationalen Fähigkeiten eine Auswertung des menschlichen Selbst, die das gottgegebene Potenzial, sich zuallererst auf die Errichtung gesunder Liebesbeziehungen zu konzentrieren, oft ignorierte. Das bedeutet, dass die Ausbildung oder Erziehung des Intellekts auf die Basis einer Charakterbildung gestellt werden muss, die eine Erziehung des Herzens ist, die hauptsächlich im Familienverband stattfindet. Kurz gesagt, erreicht eine gesunde Persönlichkeit (Person) eine Geist-Körper-Einheit, die auf die Verwirklichung des Ideals der wahren Liebe ausgerichtet ist.
Auf diesem Weg erreichen wir ein Bewusstsein eines neuen Individualismus, der die Selbst-Transzendenz und das Erreichen eines Lebenszwecks zum Wohlergehen des anderen zum Ziel hat. Hinsichtlich der praktischen Auswirkungen eines solchen Bewusstseins der Übersteigung des eigenen Selbst möchte ich auf das familienbasierende Programm der Familienföderation für Weltfrieden hinweisen, das der vollen Entwicklung des menschlichen Potenzials dient.
(B) Auf der Familienebene finden wir Mittel und Wege, das Ideal der wahren Liebe substanziell zu machen. Die gegenwärtige „Scheidungskultur“, die ihre Wurzeln im säkularen Individualismus hat, muss in eine „Ehekultur“ transformiert werden, die den neuen Individualismus eines Lebens zum Wohlergehen des anderen bestätigt und fördert (9). Sobald die Liebe der Eltern in gegenseitiger Hingabe und Zuneigung ihre Erfüllung findet und darüber hinaus auch noch die Liebespartnerschaft mit Gott einschließt, werden in solchen Familien Kinder des Guten natürlich heranwachsen. Zwei Initiativen sollten hier genannt werden, die ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Errichtung gesunder Familien fördern. Reverend Moons International Blessing Ceremonies (Internationale Ehesegnungszeremonien) fördern die Harmonie unter den Rassen, den ethnischen Gruppen und den nationalen Grenzen, während die Pure Love Alliance (Allianz der Reinen Liebe) darauf abzielt, junge Menschen auf dauerhafte Ehen in gegenseitiger Liebe vorzubereiten. Weiters wird die zentrale Bedeutung des Familienlebens heute auch auf nationaler und auf globaler Ebene immer mehr unterstützt. Der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika erhob den 4. Sonntag im Juli zum Tag der Familie, während die Vereinten Nationen im Jahre 1994 das internationale Jahr der Familie feierten und sich nun vorbereiten, im Jahre 2014 das 20-jährige Jubiläum zu zelebrieren.
(C) Auf der gesellschaftlichen Ebene gilt es, Vetternwirtschaft und historische Trennungen zu überwinden, die ihre Wurzeln in ethischer Identität, Rasse und Nationalismus haben. Solch eine Heilung der Vergangenheit kann am besten mit dem Bewusstsein einer globalen Familie stattfinden. Hierin liegt die endgültige Vision des Weltfriedens. Wir mögen noch hinzufügen, dass Friede nicht bloß die Abwesenheit von Krieg ist. Friede bezeichnet vielmehr einen aktiven Status eines erfüllenden Familienlebens für die gesamte Menschheit. Lassen Sie uns vorangehen und mit unserer eigenen Lebensweise die Zentralität von gottliebenden Familien unterstützen, um unser gemeinsames Ziel – den dauerhaften Weltfrieden – zu erreichen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Dr. Dietrich Seidel
Familientherapeut und Theologe
Unter folgender Mail Adresse ist Dr. Seidel erreichbar:
Fußnoten
(1) Mich Albom. Tuesdays with Morrie. (New York: Broadway Books, 1997), s.91.
(2) Die in Amerika bekannten Familienterapeuten James Dobson and Gary Smalley spechen von der Notwendigkeit, die Liebe zum Partner eine Entscheidung zu machen.
(3) Rev. Sun Myung Moon. True Love and True Family. (New York: FFWP, 1997).
In zukünftigen Fußnoten als TLTF zitiert, S.53.
(4) TLTF, S.5.
(5) Diane Sölle organisiert jedes Jahr die Konferenz “Smart Marriages-Happy Families (Gekonnte Ehen-Glückliche Familien)” und in dieser Weise wird Familientherapeuten, Psychologen und Familienberatern die Gelegenheit angeboten am gegenseitigen Austausch und der daraus entstehenden Promotion teilzunehmen.
(6) TLTF, S.22.
(7) Herbert Richardson. A Time for Consideration. (Lewiston, NY: Edwin Mellen, 1980).
(8) TLTF, S.24.
(9) Das Institut fuer die Amerikanische Familie stellt Folgendes fest: “Wir sind momentan in einen Krieg über Werte verwickelt, was die traditionelle Familie im Gegensatz zur liberalen Familie betrifft. Was unbedingt gebraucht wird, ist die Transformation unserer gegenwärtigen Scheidungskultur in eine Ehekultur. Das ist nicht eine Wahl, sondern eine Frage, die zwischen Leben und Tod entscheidet.“
The Institute for the American Family states:
“We are presently waging a war over values involving traditional versus liberal family values. What is desperately needed is the transformation of our present divorce culture into a marriage culture. This is not an option but a life and death question.”