Die Odyssee eines Asylwerbers aus Afrika
Lebensbedrohlich
Politische Instabilität, fehlende Infrastruktur, Mangel an Energie, Billigimporte von Lebensmittel aus Europa, die der eigenen Landwirtschaft schaden… nur einige der Probleme und Herausforderungen, die vielen Menschen in einem Entwicklungsland wie Guinea in Westafrika Perspektiven auf ein besseres Leben rauben.
Selbst Mitglied einer oppositionellen Partei in Guinea, ergriff er 2013 nach Warnungen eines Verwandten, der das Leben von Ahmed gefährdet sah, die Flucht. Über Paris gelangte er nach Wien, dort stellte er einen Asylantrag, nach wenigen Wochen kam er nach Tirol, wo er über 2 Jahre auf die Entscheidung der Behörden warten musste.
Mit eindrucksvollen Bildern und einer anschaulichen Schilderung seiner eigenen Erlebnisse beeindruckte Ahmed Diop fast 40 Zuhörer bei einem Afrika-Abend im Veranstaltungszentrum der Familienföderation für Weltfrieden in Innsbruck.
Dankbar
Ahmed hat gemeinsam mit der Familienföderation zu diesem Abend eingeladen, um seine Dankbarkeit für die Unterstützung zum Ausdruck zu bringen, die er von Freunden und Bekannten in Österreich während seines inzwischen fast 3-jährigen Aufenthaltes erfahren hat. Diese Unterstützung hat auch dazu beigetragen, dass Ahmed vor wenigen Tagen eine positiven Asylbescheid erhalten hat, der es ihm nun ermöglicht, seine persönliche und berufliche Zukunft in Österreich zu planen.
Neben der sprachlichen Barriere – Guinea gehört zum französisch sprechenden Teil von Westafrika – stellte auch seine Sorge um die in Guinea zurückgebliebenen Familienangehörigen eine starke seelische Belastung dar, mit der wahrscheinlich viele Flüchtlinge zu kämpfen haben.
Auch der sich verschlechternde Gesundheitszustand seiner Mutter bereitete ihm große Sorgen. Schließlich ermöglichte eine spontane Spendenaktion, an der sich auch die Familienföderation beteiligte, die Durchführung einer Operation, durch die der Gesundheitszustand von Ahmeds Mutter stabilisiert werde konnte.
Selbstbezogen
Ahmeds Schilderungen machten auch das scheinbar unlösbare Dilemma deutlich, in dem sich viele afrikanische Gesellschaften befinden. Gesegnet mit Gebieten die oft reich an Bodenschätzen und fruchtbarem Land sind, erschweren vor allem Korruption, Stammesfehden, ungenügender Zugang zu Bildung, Mangel an Hygienebewusstsein u. ä. eine gedeihliche Entwicklung.
Als sehr negativ erweist sich vielerorts auch der nach wie vor herrschende Einfluss der ehemaligen Kolonialmächte, die in erster Linie ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen im Auge haben. Das schadet der Wirtschaft in den jeweiligen Ländern, wo vor allem landwirtschaftliche Produkte oft zu einem Preis produziert werden müssen, der im Vergleich zu Billigimporten aus Europa nicht konkurrenzfähig ist. Unzureichende Bildungseinrichtungen und der fehlende Technologietransfer erschweren zudem eine schnellere Modernisierung vieler afrikanischer Länder.
Den politischen Eliten, die oft eng mit dem ehemaligen „Mutterland“ verbunden sind, ist der eigene Profit und Machterhalt wichtiger als das Gemeinwohl in ihrer Nation. Der gegenwärtige Präsident Guineas verbrachte zum Beispiel den Großteil seines Lebens – fast 50 Jahre – in Frankreich, weshalb Zweifel an seinen Zielsetzungen und Loyalitäten geäußert werden.
Verantwortlich
Einfache und vor allem schnelle Lösungen gibt es für diese Probleme nicht. Aber gerade Begegnungen, wie sie an diesem Abend stattfanden, tragen dazu bei, Verständnis zu wecken.Verständnis und Empathie für das Individuelle Schicksal von Flüchtlingen und Asylwerbern, das von großem persönlichen Leid, Opferbereitschaft und der Notwendigkeit, sein Leben zu riskieren, geprägt ist. Aber auch Verständnis für die gesellschaftliche, wirtschaftliche und poltische Situation eines Landes, die oft Flucht zur einzigen Alternative werden lässt.
Situationen – und das macht gerade das Beispiel von Ahmed deutlich – an denen Europa nicht unbeteiligt ist. Mit gelegentlichen Spenden und der Aufnahme gewisser Kontingente an Flüchtlingen dürften wir deshalb unserer Verantwortung noch nicht gerecht werden. Ahmed hat auch betont – und spricht da wohl stellvertretend für viele Flüchtlinge -, dass niemand freiwillig und gerne seine Heimat verlässt und damit einer ungewissen Zukunft entgegengeht. Da die reichen Länder an den Fluchtgründen dieser Menschen nicht unbeteiligt sind, gilt es, mehr als bisher zu tun, diese Fluchtgründe zu beseitigen.
Solidarisch
Die Veranstaltung im Zentrum der Familienföderation war ursprünglich als Beisammensein in kleinerem Kreis gedacht, bei dem Ahmed seine Freude und Erleichterung über seine nun positiv geklärte Situation mit Freunden teilen wollte.
Geworden ist es ein Abend, der ein starkes Zeichen dafür setzte, eine größere Solidarität an den Tag zu legen und vor allem die Lösung der Probleme dieser Welt als ein gemeinschaftliches Unterfangen zu sehen. Das Weltdorf oder die Weltfamilie, zu der wir inzwischen geworden sind, hat eine wechselseitige Abhängigkeit geschaffen, die uns oft sehr direkt die Auswirkungen von sich ändernden Umständen in vielleicht weit entfernten Teilen dieser Welt spüren lässt. Allein Menschen die Möglichkeit zu geben, über Ihr Schicksal zu berichten, Ihre Ängste und Hoffnungen artikulieren zu können, ist ein Schritt, diesem Ideal einer solidarischen Weltfamilie näherzukommen.
Bereichernd
Nicht zuletzt die von Ahmed und Freunden aus Afrika mit viel Zeitaufwand und Liebe zubereiteten Köstlichkeiten aus Guinea, die zum Abschluss beim gemeinsamen Essen auf große Begeisterung stießen, machten deutlich, dass wir hier einer sehr reichen und vielfältigen Kultur begegnet sind, die uns auch in Europa neue Impulse verleihen kann.
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